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Aus der Wüste an die Küste

Mit Tränen in den Augen sitzen wir hier am Flughafen in LA und schreiben diese letzten Zeilen unseres halbjährigen Abenteuers. Wir sind nicht traurig. Die Klimaanlage bläst uns ins Gesicht.


Im letzten Blog liessen wir euch in der Wüste stehen und dort geht es heute weiter. Wir nehmen euch mit durch die Sonora, Colorado und Mojave Wüste. Wer sich jetzt unendliche Weiten mit Sanddünen vorstellt, der ist mit seinem Kopf eher in Nordafrika als in Nordamerika. Die Wüste im Südosten der USA ist im Gegensatz über weite Teile sogar eher grün. Und anstelle von Bäumen prägen in der Sonora Wüste die Saguaro (nicht Saguer, aber fast) Kakteen die Landschaft. Früher über die ganze Wüste verteilt und heute nur noch in einigen geschützten Regionen, recken sie sich bis zu 20 Meter hoch aus den Büschen. Sie wachsen super langsam und erst nach 40 Jahren blühen sie das erste Mal. Die höchsten Exemplare sind über 200 Jahre alt aber die meisten sterben vorher, wegen zu wenig Wasser, wegen zu viel Wasser, wegen Wind, wegen Blitzen, wegen Feuer, wegen Tieren, wegen Menschen oder wegen Frost. Jep. Es sind ziemlich sensible Lebewesen trotz ihrem stachligen Äusseren.

Auf unseren Entdeckungstouren durch die Kakteen, mit dem Auto oder zu Fuss, sind wir einigen Kreaturen begegnet. Aber leider hatten wir nie das Vergnügen einer Schlange oder einem Road Runner zu begegnen. Dafür kreuzte ein flauschiges kleines mehrbeiniges Tierchen unseren Weg. Welch Freude!

In der Stadt Tucson schliefen wir auf dem lustigsten Campground unserer Reise. Es handelte sich quasi um einen schmalen Kiesplatz mitten in der Stadt. Aber der Kiesplatz war vollgestellt mit altem Ramsch und wir hatten ein Gemeinschaftshäuschen mit Stube, Küche und Bad zur Verfügung. Alle anderen Personen auf dem Platz schienen hier zu wohnen und sie umsorgten uns, als wären wir Familie. Wir bekamen Bier, durften Pacman spielen, wurden zum Filmabend eingeladen und mit Tipps und Ratschlägen für die Weiterreise überhäuft.

Durch einen dieser Ratschläge landeten wir in Bisbee. Viel weiter Südöstlich als wir je geplant hatten. Aber das hübsche Dörfchen hatte seinen Charme und wir waren beeindruckt von der grossen Tagebaumine und unserer Tour in die Queen Mine. Bisbee und die Umgebung gilt als eine der mineralreichsten Regionen der Welt. Anscheinend kann man hier etwa 500 Mineralien finden. Um 1900 herum bis 1975 wurden Kupfer, Silber und Gold in Massen abgebaut. Von den 25’000 Einwohnern sind jedoch nur noch 5’000 hier und alle Minen sind geschlossen.

Auf dem Weg zurück fuhren wir durch Tombstone (Grabstein). Ein Freund des Stadtgründers hatte ihm abgeraten in diese Region zu fahren. Auf Grund der heimischen Indianer fände er hier nur seinen eigenen Grabstein. Anstelle des Grabsteins fand er aber Silber und wurde steinreich. Innert weniger Jahre wuchs das Dorf auf 15’000 Einwohner an, von denen heute nur noch 1’600 hier leben. Während der Silberzeit kam es aber zu all den typischen Westerngeschichten: Kutschenraub, Schiesserei, Mord und Totschlag. Und genau das wird heute touristisch ausgebeutet. Es gibt jeden Tag Aufführungen der berühmten Schiesserei und auf dem Friedhof findet man Grabsteine von all den berühmten Schurken. Wobei viele Fälschungen sind, um das touristische Potential des Dorfs weiter zu erhöhen. Die Allen Street sieht auf jeden Fall nicht nur aus wie die Kulisse für Western Filme, sie wurde auch schon in mehreren Filmen für genau das verwendet.

Irgendwann im Verlauf unserer Fahrt von Tucson zum Saltonsee fuhren wir in die Colorado Wüste. Der Saltonsee ist der grösste See in Kalifornien und entstand durch einen Unfall. Ein Damm des Colorado Rivers brach und das Wasser floss etwa 2 Jahre lang in diese Senke. Der See wurde zum Naherholungsgebiet und es entstanden dutzende Hotels und Ferienorte. Da der See aber keine genügend grosse natürliche Wasserzufuhr hat, verringerte sich sein Wasserspiegel immer mehr und der Salzgehalt wurde stetig höher. Da die Senke keinen Abfluss hat, nimmt die Konzentration der Pestizide aus umliegenden Felder ebenfalls weiter zu und vergiftet das restliche Wasser. Entsprechend verfallen mittlerweile alle Naherholungsorte wieder. Nur einer scheint zu überleben und das ist ein riesiger Campground mit einer Thermalquelle. Die Tage sind eigentlich so heiss, dass wir es im Van kaum aushalten, geschweige denn Lust auf ein heisses Bad haben. Aber zum Glück kühlt es in der Nacht immer wieder stark ab. So bekommen wir trotzdem unseren Schönheitsschlaf. Und wir gönnten uns spontan doch noch ein bisschen Baden im heissen Wasser, als wir in der Nacht am leeren Badebereich vorbei spazierten.

Im Joshua Tree National Park wechselten wir von der Colorado in die Mojave Wüste und waren erneut erstaunt, wie vielseitig so eine Wüste eigentlich sein kann. Hier wachsen grüne Tentakel aus dem Boden (Ocotillo), bilden sich Kaktusgärten (Silver Cholla) und lustige Wälder aus Joshuabäumen.

Uns gefiel die Landschaft so gut, dass wir gleich mehrere Tage im Park blieben und ein paar kleine Wanderungen machten. Wir sahen viele Vögel und einen Hasen mit riesigen Ohren. Er war aber unendlich schnell unterwegs. Wir ersparen euch hier die Fotos von Hasenhinterteilen. Dafür haben wir ein tolles Bild einer grossen Echse (Chuckwalla). In dieser Region soll es auch Wüstenschildkröten geben. Am besten sieht man sie, wenn es regnet und Regen ist in diesen Gefilden eher selten.

Und wer jetzt denkt, das wars schon mit der Wüste, der hat weit gefehlt. Jetzt geht es erst richtig los und zwar in das böse, gruslig gefährliche (Schauderstimme einschalten) Death Valley! Das Tal des Todes. uuuuuuh. War es einfach Ironie, dass uns auf der Fahrt ins Todestal ein Lastwagen mit radioaktiver Ladung überholte?

Im Sommer wird es hier so heiss, dass viele Autovermieter (wie auch unserer) die Fahrt ins Tal zwischen Mai und Oktober verbieten. Deshalb fahren wir schön brav am 4. Oktober ins heisse Vergnügen. In Badwater (Das hat nichts mit Badewasser zu tun, sondern heisst «schlechtes Wasser»), dem tiefsten Punkt der USA (–86 Meter unter dem Meeresspiegel) wurde mit 56,7 °C die höchste je auf der Welt gemessene Temperatur festgestellt. Bei uns wurde es nicht so heiss, aber als wir am Morgen um 9 Uhr da waren, wars schon 30°C! Wahrscheinlich haben wir keinen Nationalpark so schnell angeschaut wie diesen. Klimatisiert im Auto wars am schönsten.

Mögt ihr euch noch an die Redwoods erinnern? Habt ihr auch gedacht, wow das sind grosse Bäume? Naja. Wie mein Papa immer zu sagen pflegte: «Nur well’d lang bisch, bisch nonig gross.» Redwoods mögen also lange Bäume sein. Aber Sequoias sind die grösseren.

Der General Sherman Tree ist der grösste Baum der Welt, auf Basis seines Volumens. Er ist ungefähr 2‘500 Jahre alt, über 80 Meter hoch und wiegt etwa soviel wie 10 Blauwale. Die Bäume sind so riesig, dass normalerweise Waldbrände nichts ausmachen und die Rinde einfach über solche Brandverletzungen hinwegwächst. Die Samen brauchen sogar die Hitze, um überhaupt mit dem Wachsen zu starten. Aber die Feuer in der Neuzeit sind oft zu heiss, dauern länger und führten zu mehreren tausend abgebrannten Sequoias letztes Jahr. Gleich anschliessend liegt der Kings Canyon National Park, welchen wir leider nur kurz besuchen konnten, weil alle bis auf einen vollen Campground schon für die Saison geschlossen waren.

Im Wald der Riesen tummelten sich viele quirlige Streifenhörnchen und auf den Granitfelsen fanden wir viele Echsen mit blauen Hälsen. Das beeindruckendste war jedoch unsere letzte Bärensichtung auf unserer Reise! Da wurden wir grad ein bisschen nervös. Zum Glück war in einiger Entfernung ein Parkranger, dieser hatte die Bären ebenfalls gesichtet und vertrieb sie von der Nähe des Wanderweges.

Wir zwei Füchse dachten uns, komm jetzt gehen wir noch mal an die Küste. Wir haben Zeit und sind jetzt weit entfernt von der Nebelsaison, die sie hier romantisiert «June-Gloom» nennen. Da haben wir aber die Rechnung nicht mit dem Herbstnebel gemacht. Kaum an der Küste waren wir wieder in der altbekannten Suppe. Super. Immerhin hielten uns die Seehunde mit ihren lustigen Posen bei Laune.

Und während der Fahrt dem Big Sur entlang, dieses Mal nach Süden, kam die Sonne doch ein zwei Mal hervor. Wir sagten uns immer wieder, die Fahrt ist auch bei schlecht Wetter spektakulär. Und um das noch zu unterstreichen, trafen wir an dieser Brücke auf einen Verrückten, der sich grad bereit machte, um runter zu springen. Mit Fallschirm natürlich.

Weiter südlich trafen wir wieder auf die Seeelefantenkolonie und schauten ihnen lange zu, wie sie sich kratzten, grunzten und umher wälzten. Irgendwie sind die grauen dicken Wülste einfach herzig.

Noch ein bisschen weiter südlich trafen wir wieder auf die Seeotter und dieses Mal waren sie ganz nah und aktiv. Erst wollten wir hier gar nicht noch mal hin, weil das Wetter eher für weiterfahren sprach. Aber dann probierten wir es trotzdem und wir wurden belohnt. Ein Seeotterweibchen hatte auf ihrem Bauch ein Junges, welches wie wild umher zappelte. Andere reinigten ihr Fell oder wickelten sich in Seetang ein, damit sie ohne abzutreiben schlafen können.

Und noch mal ein bisschen weiter südlich sahen wir grosse Monarchfalter. Diese Schmetterlingsart fliegt bis zu 3600 Kilometer, um im Süden zu überwintern. Es war spannend ihnen zuzuschauen, da sie ganz anders wie unsere Schmetterlinge, einen vogelähnlichen Flugstil haben.

Und ein weiteres klitzekleines bisschen weiter südlich, landeten wir in Malibu Creek. Unserem ersten und letzten Campground der Reise. Direkt neben LA ein wunderschönes Stückchen geschützte Natur. Hier bekommt man rein gar nichts von der Stadt mit, da man sich in einem kleinen Talkessel befindet. Früher gehörte das Land Paramount und 20th Century Fox. So wurden in der Region dutzende von Filmen und Serien gedreht, wie zum Beispiel MASH, Tarzan, Robin Hood, Planet of the Apes oder Westworld.

Die letzten Tage verbrachten wir dann nicht nur mit Van putzen, packen und tanken. Wir wollten noch ein bisschen den Glamour von Hollywood spüren und machten die Warner Bros. Studio Tour. Da fährt man mit einer kleinen Gruppe von etwa 10 Leuten auf einem langen Golfcart zwischen den Studiohallen umher und schaut sich die Filmsets an. Echt spannend, wie sie hier ein kleines Stadtquartier nachgebaut haben und in wie vielen Produktionen genau derselbe Strassenabschnitt vorkam. In ein und derselben Strassen spielten Westernfilme und Zukunftsfilme. Die genau gleichen Hausfassaden, einfach neu dekoriert. Ein paar Kutschen hier und ein paar alte Lumpen da und zack ist man im Western. Futuristische Autos dort und unzählige farbige Leuchtreklamen an die Wände geklatscht und zack ist man in der Zukunft. In einer kleinen Gasse spielte sich der legendäre Spidermankuss ab, aber auch ein Musical, die Serie Friends und verschiedenste Gangsterfilme. Im Wald ein paar Meter weiter wurden Szenen zu Gilmore Girls, Pretty Little Liars und Jurassic Park aufgenommen.

Während unserem Aufenthalt sahen wir per Zufall Courteney Cox (Monica von der Serie Friends) mit Filmkollegen, wie sie beim Brunnen der Serie Friends Fotos machten. Eigentlich war der Bereich für alle Touren gesperrt, damit sie in Ruhe Pause machen kann, aber wir schlüpften irgendwie unter dem Radar durch, weil wir zu dem Zeitpunkt nicht mehr auf einer offiziellen Tour waren.

Im anschliessenden Museum konnten wir neben mehreren Filmkulissen auch Kostüme und Filmtricks anschauen. Wir verbrachten beinahe einen ganzen Tag im Studio und waren super fasziniert. Als wir zwei Tage später einen Film im Kino schauten, fragten wir uns bei jeder zweiten Szene, ist das in dieser einen Gasse gedreht worden? Wurde die Kulisse schon mal irgendwo benutzt?



Und wie es sich für einen guten Film gehört kommen wir zum Abspann.

Titel: Nordamerikareise 2022

Reisende: Carmen Maria Saguer und Simon Rupp

Fotografie: Carmen Maria Saguer und Simon Rupp

Text: Carmen Maria Saguer und Simon Rupp

Ton: Carmen Maria Saguer und Simon Rupp

Kostüm: Carmen Maria Saguer und Simon Rupp

Maske: Carmen Maria Saguer und Simon Rupp

Während der Produktion zu diesem Blog sind keine Tiere zu schaden gekommen.

Presented by: simonandcarfunkel Entertainment

Copyright by: simonandcarfunkel Entertainment


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