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Pacific North West at its best

Smalltalk scheint der Kit zu sein der die Menschen in den USA, trotz aller Differenzen, zusammenhält. Egal wo man ist, gehört es zum guten Ton, dass man ein paar Worte wechselt. An jeglichen Kassen führen die Angestellten ein kleines Gespräch mit allen Kunden. Auf dem Wanderweg wirft man sich während dem Kreuzen zwei, drei Sätze entgegen und je nach Situation entwickelt sich daraus sogar ein mehrminütiges Gespräch über die Tierwelt, das Wetter, die Region oder das Reisen im Allgemeinen. Manchmal auch im Bus, an der Ampel, in der Warteschlange. Hauptsache man verkürzt die Zeit und nutzt jede Gelegenheit. Wir machen es uns mittlerweile zum Sport und quatschen auch einfach alle an, was zu lustigen Bekanntschaften führt. So haben wir schon mit einem Stanford-Professor, einem kalifornischen Förster oder einem ehemaligen Soldaten der in Deutschland stationiert war gesprochen. Und wie ihr jetzt vielleicht auch grad bemerkt habt, übernehmen oft die Männer die Gesprächsführung und wir erfahren mehr über ihr Leben, als das ihrer Gefährtinnen. Nichts desto trotz finden wir es spannend und sind schon mit Bewohnern mehrerer Staaten ins Gespräch gekommen. Denn für US-Amerikaner ist es ganz normal innerhalb von ein bis zwei Wochen die USA mit dem Wohnmobil zu durchqueren.


Im Redwoods National Park haben wir zum Beispiel ein Ehepaar kennengelernt, die ihren Jahrestag mit einem Roadtrip feiern. Wir haben miteinander darüber gelacht, wie die Menschen hier manchmal für einen Tagesausflug riesige Distanzen auf sich nehmen. Sie meinten, dass sie viel lieber gemütlich unterwegs seien und sich gerne Zeit lassen. Jetzt haltet euch fest. Sie kommen aus Minnesota. Euere innerliche Karte der USA ist bei euch wahrscheinlich auch nicht ganz so hieb und stich fest wie bei uns. Aber von dort an die Westküste sind es mindestens 30 Stunden oder anders 3000 Kilometer Fahrt. Diese Distanz innerhalb von einer Woche zurückzulegen wirkte für uns irgendwie nicht sehr gemütlich. Aber diese Diskrepanz in der Wahrnehmung erlebten wir hier in den Staaten schon sehr oft.


Zurück zu den Redwoods. Grosse Bäume kennt man ja und man ist wohl beeindruckt, wenn man einen dicken Baum in der Schweiz sieht, aber die Faszination lässt auch schnell wieder nach. Nicht so hier an der Küste in den Redwoods. Jeder hat schon Bilder gesehen aber die werden der Realität einfach nicht gerecht. Wir hatten beinahe einen steifen Nacken nach unserem Spaziergang durch die Wälder und drückten beim Fahren ständig unsere Nasen an der Windschutzscheibe platt. Man fühlt sich so winzig klein, wenn selbst neben einem jüngeren Baum unser Van wie ein Spielzeug aussieht. Die Bäume sind irgendwo zwischen 1000 und 2000 Jahre alt, manche über 110 Meter hoch und Durchmesser von 7 Meter sind auch keine Seltenheit. Bei solchen Zahlen fangen wir dann auch schnell an, Sympathien für die Kleinen zu entwickeln.

Auf dem Weg von der Küste wieder zurück in die Kaskadenkette trafen wir auf schöne Blumen, wilde Bäche und eine Herde Wapiti Hirsche. Sie werden hier auf englisch «Elk» genannt und das führte bei uns gehörig zu Verwirrung. Denn was wir Elch nennen, heisst hier «Moose». Moos ist jedoch «moss» aber dazu kommen wir später. Der Wapiti sieht dem Rothirsch bei uns ähnlich, ist aber grösser und man wird überall gewarnt, ihnen nicht zu nahe zu kommen.

Gleichzeitig überquerten wir unsere erste Staatsgrenze und zwar von Kalifornien nach Oregon. Das Ziel: Crater Lake National Park. Die Kaskadenkette ist eine Reihe schlafender Vulkane an der Westküste der USA. Nachdem dieser Vulkan hier vor sehr langer Zeit ausbrach, kollabierte die leere Magmakammer und hinterliess einen riesigen Krater. Während sich der Krater langsam mit Regen- und Schmelzwasser füllte, bildeten sich neue kleine Vulkankegel im Innern. Nur einer davon ragt heute über den Wasserspiegel hinaus und bildet eine kleine hübsche Insel. Während wir an diesem Tag super Wetter hatten und uns auf einem Schneefeld am Kraterrand austobten, waren die Tage zuvor eher trist und regnerisch. Was jedoch auch zu tollen Stimmungsbildern am Diamond Lake führte.

Und mit Wasser geht es weiter. Denn Wasser haben sie hier im Nordwesten in allen Formen. Wo es viel Wasser hat, gibt es viele Mücken. Interessanterweise kriegen wir viel weniger Mückenstiche ab, als in Mittelamerika. Dafür hat es an gewissen Seeufern unerträglich viele Mückenschwärme. Es handelt sich dabei zwar um solche, die nicht stechen aber die schiere Menge ist zum verrückt werden. Man geht quasi ohne Unterbruch in einer Wolke von Mücken und muss schweigend, langsam durch die Nase atmend darauf hoffen, nicht all zu viele davon zu konsumieren. Wir haben schon einige Velofahrer gesehen, die ein Imkernetz auf dem Kopf trugen.


So kommen wir nach dem Crater Lake und Diamond Lake zu duzenden Wasserfällen. Sie sind zwar hübsch und oft mit schönen Wanderwegen verbunden, aber wir wollen euch jetzt nicht mit hunderten Bildern von Wasserfällen langweilen. Man kennt das ja schon von zu Hause. Ist halt einfach Wasser, das den Berg runterfällt. Manchmal spektakulär und manchmal mehr ein Rinnsal. Hier der Tokatee (36 Meter) und der Watson (83 Meter). Das Wasser des Tokatee wird auch für Wasserenergie benutzt und eine dicke, ziemlich undichte Holzröhre führt direkt am Parkplatz vorbei und spült langsam den Belag weg. Gleich in der Nähe fliesst der hübsche Bach, der sich Silent Creek nennt, mit super klarem Wasser und mit Gras bewachsenen Baumstämmen.

Ein paar Meilen weiter nördlich erreichten wir Bend, das Outdoor-Mekka schlechthin. Hier kann man eigentlich jeder Outdoor-Aktivität nachgehen, die es gibt. Wir wollten den Mt. Bachelor besteigen, ein Vulkan mit riesigem Skigebiet drauf. Vor Ort erfuhren wir aber, dass eigentlich alle Routen ausschliesslich für Biker sind. Und der eine Wanderweg den es gibt, sei noch von Schnee bedeckt. So änderten wir kurzfristig unsere Pläne und bestiegen den Tumalo Mountain. Vom Gipfelplateau hatten wir eine tolle 360° Aussicht. Bei diesem klaren Wetter ist es immer toll, wenn man Richtung Norden und Süden freie Sicht hat und den Verlauf der Kaskadenkette erkennt. Durch Bend selbst fliesst der Deschutes River, welcher für verschiedene Wasseraktivitäten genutzt wird. Am Wochenende lassen sich hunderte von Menschen auf Schwimmringen den Fluss entlang treiben.

Auf dem Weg weiter nach Norden staunten wir nicht schlecht, plötzlich versank der Highway im Erdboden und wir rasten die Wand des Deschutes River Canyon runter. Wir waren total überwältigt von der Grösse der Schlucht. Jetzt sind wir doppelt gespannt auf den Grand Canyon, wenn dieser hier nicht mal Erwähnung findet. Wir verabschiedeten uns vom Fluss und passierten den mächtigen und eindrucksvollen Mount Hood. Ein schöner Berg, genau so, wie er auf unzähligen Kinderzeichnungen auftaucht.

Dem Columbia River entlang fuhren wir nach Portland. Der Fluss ist so breit, dass er manchmal eher einem See gleicht. Er durchbricht die Kaskadenkette und bildet hier eine Schlucht, durch die eine tolle Serpentinenstrassen führt. Wir passieren mehrere Wasserfälle, unter anderen den Multnomah (189 Meter) und den Wahkeena (73 Meter). Die beiden Schluchtseiten sind früher durch einen Erdrutsch eine Zeitlang verbunden gewesen. Diese Landbrücke wurde von den hier lebenden Indianern «Brücke der Götter» genannt. Der Chief der Indianergötter hat seinen beiden Söhnen je die nördliche und südliche Seite vermacht und die Brücke gebaut, damit die Familie zusammen kommen kann. Da aber eine hübsche Lady auftauchte und den beiden den Kopf verdrehte aber sich nicht entscheiden mochte, brach Krieg aus. Während die Jungs sich bekriegten und die Brücke zerstörten, wurde der Chief-Gott so richtig hässig. Er verwandelte zur Strafe den südlichen Burschen in den Mt. Hood, den nördlichen in den Mt. Adams und das Weib wurde zum Mt. St. Helens.

In Portland liessen wir es uns gut gehen. Und da es uns ja schon gut geht, könnt ihr euch vorstellen, wie gut wir es uns gehen liessen. Shoppen und essen und essen und shoppen. Von einem Hügel mit hübschem Häuschen drauf (Pittock Mansion) hatten wir eine tolle Aussicht auf die Stadt mit ihren vielen Brücken und im Hintergrund sieht man den Mt. Hood.

Von Portland gehts über die zweite Staatsgrenze nach Washington. Und jetzt kommen wir noch mal zu diesem unsäglichen Weib, dass den beiden Jungs den Kopf verdreht hat. Damit nämlich nicht genug, sie brauchte noch mehr Aufmerksamkeit. 1980 explodierte quasi die Nordseite des Vulkans und kostete 57 Menschen das Leben. Die Schuttlawine und die Flutwellen des Flusses zerstörten so viele Häuser, Brücken und Strassen, dass es den Staat irgendwo um die 800 Millionen Dollar gekostet hat. Noch heute werden die Wälder aufgeforstet, die der Vulkan mit seiner Aschewalze niederriss. Im Spirit Lake alleine schwimmen immer noch hundertausende von Baumstämmen, die sich langsam zersetzen. Trotz der 40 Jahre, sieht man noch immer, wie die Pflanzen und Tiere sich hier erst wieder ansiedeln müssen. Das ganze Gebiet steht seit dem Ausbruch unter Schutz und ständiger Beobachtung.

Und der Berg selbst ist jetzt etwa 400 Meter kleiner und hat eine Hufeisenform.

Da man den Mount St. Helens nicht einfach so besteigen kann, fuhren wir voller Tatendrang zum Mount Rainier National Park. Dort mussten wir jedoch feststellen, dass der ganze Gipfel und die höher gelegenen Wanderwege unter tiefen Schneedecken liegen. Es gab dieses Jahr sehr spät noch mal Schnee und der liegt jetzt auf allen Bergen. So müssen wir in tieferen Gefilden wandern, was sich aber als genauso schön erwies. Auf den Bildern seht ihr zum Beispiel den Snow Lake. Wir würden auf jeden Fall jedem den Frühsommer empfehlen. Alles ist saftig grün und überall spriessen bunte Blumen.

Und wiedermal erweist sich unsere Routenplanung genau richtig. So, dass wir das Highlight am Ende des Blogs erreichen. Der riesige und wunderschöne Olympic Nationalpark auf einer ebenso grossen Halbinsel ganz im Nordwesten von Washington. Ein undurchdringliches Gebirge, welches den ersten Abenteurern 6 Monate abverlangte. Heute kann man die Berge innert einer Woche durchwandern aber Strassen gibt es nur aussen herum. Wir fuhren zur Hurrican Ridge und wollten dort wandern aber das Wetter machte uns einen Strich durch die Rechnung. Zum Glück haben wir mehr als genug Zeit und entschieden uns mal abzuwarten. Prompt hatten wir am Tag darauf bombastisches Wetter und wir wanderten zur Klahane Ridge, von welcher wir eine super Aussicht auf das Nebelmeer hatten. Darunter wäre der Puget Sound und weiter hinten Kanada. Das Wild ist hier überhaupt nicht scheu und man muss immer mal wieder anhalten, damit es sich gemütlich über den Wanderweg hinweg bewegen kann. Es ist nämlich keineswegs zahm, es interessiert sich nur nicht für den Menschen. So grasen sie manchmal gemütlich zwischen Parkplatz und Wanderweg. Es gibt viele Murmelis und fette gelbe Schnecken. Wir sind uns nicht sicher ob es sich bei allen um «banana slugs» handelt, aber sie sind riesig und können je nach Art bis zu 25 Zentimeter lang werden. Bei der Hinfahrt sahen wir unseren zweiten Schwarzbären, dieses Mal ganz schwarz. Aber wieder aus dem Auto (zum Glück) und nur ganz kurz (leider).

Sobald man genug hat, fährt man wieder ein Stückchen weiter und schon ist man zum Beispiel in Sol Duc und kann sich in Thermalquellen entspannen. Oder wie uns ein Wanderer gesagt hat, man kann in den «old people stew» (Alte Menschen Eintopf) sitzen.

Und noch mal ein Stück weiter gibt es tolle Strände mit Gezeitentümpel, in welchen Tellergrosse Seesterne leben. Hier grüsst uns zum Beispiel grad Patrik Star.

Am Glücksrad weiter gedreht und man landet beim Hoh Rainforest, einem gemässigten Regenwald. Hier regnet es oft und viel und an den Bäumen hängt tonnenweise Moos (keine Elche). Auf dem Weg hier hin sehen wir am Fluss zwar eine Herde Wapiti (Elk), sind dann aber doch extrem erschrocken, als mitten auf unserem Campingplatz ein ausgewachsenes Männchen sich an den Büschen genüsslich tut. Der ganze Morgen entwickelte sich zu einem Disney-Prinzessinen-Moment. Auf den vielleicht gerade mal 50 Meter zum Klo sahen wir das Wapiti, dann spazierten ein Reh mit zwei Kitz über den Weg und zum Schluss hoppelte noch Klopfer vorbei. Das einzige was uns noch gefehlt hat, waren die singenden Vögel auf der Schulter.

Nach so viel Natur sitzen wir jetzt am Stadtrand von Seattle, geniessen die Restaurants, die hübschen Läden und kleine Leckereien aus dem Public Market. Gestern gönnten wir uns ein unvergessliches Konzert von Frank Turner im Moore Theater. Wobei wir entsetzt feststellen mussten, dass er hier anscheinend keine Zugabe gibt?!

Deshalb gibt es das bei uns jetzt auch nicht. Schluss. Lichter aus.


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