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Höhen und Tiefen in Kalifornien

Wir sind jetzt seit zwei Wochen im Land der Freiheit.

Hier, wo man so frei ist, dass man das Auto nicht mehr verlassen will. Drive In Restaurants, Drive In Kino, Drive In Bank, Drive In Post, Drive In Sehenswürdigkeiten und wenn man das Auto fürs Einkaufen verlassen muss, dann gibt es kleine Elektro-Einkaufs-Wagen, mit welchen man umherdüsen kann. Bei jedem Geschäft hat es hunderte Parkplätze. Was auch bedeutet, dass man fürs Geschäft nebenan das Auto nehmen muss, weil alles so weitläufig ist.

Hier, wo man so frei ist, dass man immer eine Waffe zur Hand haben will. Da gibt es einfach mal so einen Waffenschalter im Geschäft mit einer Auslage von allem was einem in den Sinn kommt. Oder man wird darauf hingewiesen, dass man am besten mit einer 30 cm Klinge oder noch besser einer Pistole in den Wald geht, wegen den Bären.

Hier, wo man so frei ist, dass man sich am eigenen lustigen Einheitensystem festhält, weil es ja so viel Sinn macht. Eine Meile = 1760 Yard und ein Yard = 3 Foot und ein Foot = 12 Inch. Klar? Mittlerweile haben wir uns ein paar Annäherungen gemerkt, um ein Gefühl für das Ganze zu bekommen. Ein Yard ist ungefähr ein Meter und eine Meile in etwa 1,5 Kilometer. Die Gallone ist etwa 3.8 Liter, wichtig für die Tankstelle und die Ounce ist knapp 3 cl, wichtig für den Einkauf. Schnell die Temperatur in uns verständliche Werte zu übersetzen bereitet uns jedoch noch Schwierigkeiten. 0° C sind 32° Fahrenheit und 100° C sind 212° Fahrenheit. Es hört sich aber natürlich viel dramatischer an, wenn man sagen kann, im Hitzesommer wird es 100° F statt die langweiligen 37° C bei uns.


Unser gefühlt unendlicher Roadtrip nimmt seinen Anfang in der immer sonnigen Stadt Los Angeles. Die ersten Kilometer fuhren wir leicht angespannt auf den sechsspurigen Highways – wobei damit sechs Spuren pro Fahrtrichtung gemeint sind. Wir verlassen wie immer die Stadt auf schnellstmöglichem Weg, passieren ein Walmart Supercenter und eine Ikea, um unseren Van komfortabel einzurichten und campen gleich ausserhalb der Stadtgrenzen in einem schönen State Park in Malibu Creek.


Erster kleiner Ausflug und wir stehen auf einer Schlange. Wortwörtlich. Ups. Von weitem sah es bestimmt lustig aus. Wir steppten so wild rund um die Schlange, dass sie gar nicht wusste was um sie geschieht und so war sie schneller weg, als wir realisierten was eigentlich gerade passiert ist. Das muss sich wohl umher gesprochen haben, denn seither haben wir keine mehr zu Gesicht bekommen. Passiert ist dies auf diesem wunderschönen Steg an der Küste von Malibu.

Weiter ging es in mehreren Etappen der pazifischen Küste entlang in Richtung Norden nach Morro Bay. Wir sahen viel schönes auf dem Weg, aber auch ziemlich hässliches. Wenn man das so direkt sagen darf. Aber gibt es einen besseren Begriff für eine Gasse, die links und rechts mit Millionen von Kaugummis gesäumt ist?

Dafür umso schöner die gewundenen Stege durch die selten gewordenen Feuchtgebiete oder junge Möwen. Wer hätte gedacht, dass die gepunktet sind? Bei einem Vulkanüberbleibsel in Morro Bay sahen wir kleine Erdhörnchen und Seeotter. Wobei wir die Seeotter beinahe übersahen. Sie hatten sich zum Schlafen ins Seegras eingewickelt, damit sie nicht abdriften und sich sogleich richtig gut getarnt.

Big Sur. Nicht das Apple Betriebsystem aber die Region südlich der Monterey Bay, ebenfalls nicht das Betriebsystem, bietet spektakuläre Blicke über die Küste. Die Strasse windet sich der steilabfallenden Klippen entlang, immer wieder hoch bis in die Wälder und runter direkt ans wilde Meer. Dieser Abschnitt gilt als der schönste Teil des sonst schon hochgepriesenen Highway 1. Das wäre wenn man nicht den dicken Juni-Nebel rund ums Auto hätte. Aber hey, es war trotzdem schön.


Die Tierwelt liess uns nicht im Stich und wir sahen ein paar junge Seeelefantenbullen probekämpfen für die kommende Paarungszeit und lustige Schopfwachteln.

In der Monterey Bay gewährte uns der Nebel eine Pause und wir genossen die langersehnten Sonnenstrahlen im Gesicht. Die Bucht hat eine sehr hohe Artenvielfalt, weil sie in der Mitte durch einen tiefen Meeresgraben halbiert wird. Wir durften während unserer Zeit nicht in die Nähe des Wassers, weil es gerade vor kurzem einen Haifischvorfall gab.

Auf der Nordseite der Bucht liegt Santa Cruz mit dem grössten Vergnügungspark am Strand. Was soll man auch sonst am Strand machen? Uns kommt auf jeden Fall auch nichts besseres in den Sinn, als alles zubetonieren und Achterbahnen hinstellen. Im Dorf gibt es einige hübsche Häuschen und Murals (Wandmalereien). Immerhin kommen einige Tiere mit Veränderungen ziemlich gut klar und so schlafen die Seehunde halt auf dem Unterbau des Stegs, wenn die Küste verbaut wurde.

Kurz vor San Francisco gibt es einen weiteren Strand mit einer riesigen Seeelefantenkolonie. Dies sei die grösste Kolonie am Festland und zur Paarungszeit sind mehrere tausend dieser riesigen Tiere hier am Ufer. Aktuell, während der Mauser, sind nur wenige hier und trotzdem ist es laut und stinkt.

Von der Stadt selbst hatten wir eigentlich nur ein bisschen Sightseeing beim durchfahren. Da wir keinen Camping fanden, schliefen wir auf dem Parkplatz beim Golden Gate Bridge Aussichtspunkt. Die Brücke ist echt gigantisch und super beeindruckend.

Weil uns der Nebel langsam aber sicher die Stimmung trübte, trieb es uns wieder ins Landesinnere. Napa das Wein-Mekka von Kalifornien. Wir alten Weinkenner liessen uns das natürlich nicht nehmen und so setzten wir uns direkt in ein exklusives Resti und genossen ein köstliches Abendessen mit einem Gläschen Wein. Wir machten eine Rundfahrt und eine kleine Wanderung und waren überrascht, dass hier die ganzen Weinberge keine Berge sondern Weinfelder sind. Alle Reben wachsen hier in der Ebene und sobald man sich hangwärts beweget, landet man in trockenen Wäldern.

Und nach sage und schreibe einer Woche bleiben wir mit unserem tollen Van zwischen Autobahnausfahrt und einer Kreuzung bei schönstem Wetter stehen. Zündung geht, Motor läuft aber das Getriebe scheint hin zu sein. Weder vorwärts noch rückwärts, der Van verweigert die Weiterreise, wie ein alter störrischer Esel. Wir hängen also abwechselnd am Telefon mit unserem Vermieter und lotsen den Verkehr vorbei. Während unserer Wartezeit fragen uns netterweise doch einige Personen, ob sie uns helfen können. Nach gut vier Stunden sind wir mit einem neuen Van wieder auf der Strasse. Zum Glück haben wir uns für einen Vermieter mit Rundum-Sorglos-Paket entschieden.

Auf vielfache Empfehlung machten wir uns auf zum Lake Tahoe. Dies ist ein See in etwa so gross wie der Bodensee aber auf knapp 1900 Meter Höhe! Er ist mit über 500 Meter der zweittiefste See der USA und war früher berühmt für seine klare Sicht. Heute ist er durch die intensive Nutzung nicht mehr ganz so klar. Nachdem wir den See einmal umrundeten, genossen wir den um einiges ruhigeren und kleineren Fallen Leaf Lake gleich daneben. Unser Campingplatz grenzte direkt an den See und lag in Mitten riesiger Nadelbäume.


Nach soviel Fahren lockte uns Mount Tallac (2968 m). Die Aussicht war phänomenal und wir sahen viele hübsche blaue Vögel, Streifenhörnchen und Eichhörnchen. Auf etwa halber Höhe lag der schöne Lake Gilmore, in welchem wir auf dem Rückweg unseren Füssen eine Pause gönnten.

Und wie es sich für einen gut geschriebenen Blog gehört, kommt das Highlight oder die höchste Höhe der «Höhen und Tiefen» Geschichte zum Schluss nach einem letzten Spannungsbogen. Der Mount Lassen National Park. Der Weg hier hin und auch das Ankommen in diesem Park war ziemlich bedrückend. Wir fuhren stundenlang durch verbrannte Wälder, sahen zerstörte Dörfer, die teilweise wieder im Aufbau sind und unzählige Holzlastwagen, die verkohlte Baumstämme vom Strassenrand wegtransportierten. Vielleicht habt ihr letztes Jahr vom Dixie-Fire gelesen? Zwischen dem 13. Juli und 25. Oktober brannte eine Fläche von 3890 Quadratkilometer nieder. Das ist in etwa so gross wie der Kanton St.Gallen und Zürich zusammen. Immerhin blieben 30 Prozent des Nationalparks verschont und bieten für die Tiere weiterhin einen Rückzugsort.

Der Park hat seinen Namen dem prominenten Vulkan in seiner Mitte zu verdanken. Der Mount Lassen ist der grösste Lavadom-Vulkan der Welt und gilt aktuell als schlafender Vulkan. Er brach zwischen 1914 und 1917 mehrfach aus und zerstörte weite Landstriche. Und was macht man als Schweizer in einem National Park bei schönem Wetter und zappligen Beinen? Man besteigt Berge. Wenn aber keine Berge da sind, dafür aber ein Vulkan in der Gegend steht, ja dann besteigt man halt den. Und hier kommen die kreativen Masseinheiten sehr gelegen. Denn wir können jetzt mit gutem Gewissen sagen, dass wir in läppischen 3 Stunden einen 10‘000er bestiegen haben. Ha! Und das ohne zusätzlichem Sauerstoff und Sherpa. Wir fühlen uns wie zwei kleine Messmer.

Aber Spass beiseite. Auch 3187 Meter hören sich doch recht gut an. Die Aussicht war gewaltig! Weit und breit nichts höheres sichtbar. Ausser am Horizont Mount Shasta, der zweit Höchste in der Kaskaden-Vulkan-Kette.

Neben dem Lavadom gibt es aber auch viel Aktivität in den geothermalen Regionen. Zum Beispiel in der Bumpass Hell blubbert und qualmt es an jeder Ecke. Alles ist weiss, gelb und duftet herrlich nach faulen Eiern.

In so einer schönen naturbelassenen Landschaft fühlen sich natürlich auch die Tiere pudelwohl. So sahen wir Maultierhirsche, Streifenhörnchen und einen Schwarzbären! BAM! Was für eine unglaubliche Erfahrung. Unser Herz klopft jetzt noch beim Gedanken daran. Stellt euch vor, ihr fahrt am Morgen um halb sieben im Wald um eine Kurve und da zottelt einfach mal so ein Bär über die Strasse! Und lasst euch nicht von seinem kalifornischen Surferblond Fell täuschen. Es handelt sich hier nämlich um einen Schwarzbären. Es gibt Unterarten die von braun bis blond gefärbt sind.

Nach hohen Bergen und grossen Säugetieren träumen wir jetzt von grossen, hohen Bäumen.


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